Porträt: Christian Fuchs, der Saalfeldner mit den vielen Seiten

Wie entsteht eigentlich ein Buch? Eine Speisekarte? Ein Kalender? Und wie wird aus einem alten Werk ein neues? Wir haben die Buchbinderei Fuchs in Saalfelden besucht und die vielen Seiten dieses alten Handwerks entdeckt. Übrigens: Wer selbst mehr über die Buchbinderei lernen möchte, findet im Kursprogramm der Buchbinderei Fuchs ein umfangreiches Angebot.

Alt und Jung gehören zusammen

Schon beim ersten Betreten der Buchbinderei Fuchs in Saalfelden erkennt man die Liebe zum Alteingesessenen. Es erinnert doch ein bisschen an ein Antiquariat: Dicke Bücher in schweren Ledereinbänden, Omas Rezeptheft aus den 40ern, vergoldete Bilderrahmen, Chroniken, Gästebücher, Urkunden etc. Ganz anders, wenn plötzlich der "Herr des Hauses" vor einem steht: Jung und dynamisch führt er uns durch sein Reich. Gestatten - Christian Fuchs: Seines Zeichens Buchbindermeister, Tausendsassa, Tüftler und Erfinder. Ein Mann mit großem handwerklichen Geschick, unbändigem Entdeckergeist, feinem visuellen Gespür und ganz viel Fingerspitzengefühl.

Die wahren "Füchse" in der Buchbinderei

Hier ist der Name bereits Programm, denn die Fuchs’ sind echt "ausgefuchst", was die Buchbinderei betrifft: Angefangen hat alles im Jahr 1989, als Vater Johann Fuchs mit der Kalenderverarbeitung eine wichtige Marktnische im Bereich der Druckweiterverarbeitung fand und wenig später seine eigene Buchbinderei in Saalfelden eröffnete. Stets an seiner Seite Sohn Christian, der kurz vor der HTL-Matura zunächst noch andere Pläne gehabt hatte, sich aber schnell von der Euphorie des Vaters anstecken ließ - und schon war das Familienunternehmen gegründet. Zur klassischen Buchbinderei-Handwerkstatt kamen schnell noch weitere, ineinandergreifende Abteilungen hinzu: eine Bilderrahmenabteilung, eine Designabteilung mit Digitaldruck und eine Speisekartenmanufaktur. Letztere hat sich in den vergangenen Jahren zum Marktführer im alpinen Mitteleuropa emporgearbeitet. Dazu kommen die Fuchs’schen Erfindungen wie das ClemmUp® (spezielles Klemmrückensystem zum einfachen Auswechseln der Menüblätter), das Clemmini® (= Visitkartenhalter mit spezieller Klemme), das padCase® (= hochwertiger Bucheinband mit innenliegender Rahmenmaske für iPad oder Tablet) oder das Bibliocase® (= auswechselbare Buch- oder Schreibblockhülle).

Jedes Stück ist einzigartig

Während Online-Druckereien und E-Books aus dem Boden schießen, setzt man bei den Fuchs’ nach wie vor auf erlesene Handarbeit. 20 Mitarbeiter falzen und binden Papierbögen, schneiden Einbanddecken zu, schlagen Ecken ein, schärfen Lederkanten aus, prägen, lasern, flicken, verkleben oder setzen, was das Zeug hält. "Nur so lassen sich Sonderanfertigungen für unsere Kunden realisieren und auch kleine Auflagen umsetzen. Für uns ist es nicht relevant, wie viel Stück wir von etwas anfertigen, sondern dass die Qualität zu 100 % passt", erklärt der Firmeninhaber seine Philosophie. Dass man gerade in der schnelllebigen Zeit von heute aber auch extrem erfinderisch sein muss, weiß der Buchbinder schon lange. "Deshalb habe ich schon seit jeher an unseren Geräten und Werkzeugen herumgebastelt, sie noch effizienter und individueller gemacht, damit wir auch garantiert das Beste aus jedem Auftrag herausholen können. Wir haben mittlerweile mehr als 17.000 Speisekartenaufträge für die unterschiedlichsten Kunden produziert und keiner ist wie der andere. Die einen sind aus Loden, Leinen, Leder, Metall, Aluminium, Acryl, Stein, Holz oder Plexiglas gefertigt, die anderen gold-, relief-, heißfolien- oder blindgeprägt, lasergraviert, siebgedruckt oder mit Effektlack veredelt. Und auch bei den Bilderrahmen fallen wir aus dem Rahmen - auch hier wird alles passgenau zugeschnitten und exakt nach Kundenwunsch gefertigt. Bei uns wird jedes zu produzierende Stück mehrere Male zur Hand genommen, bevor es nach strenger Qualitätskontrolle unsere Werkstatt verlässt."

Die Magie des Alten neu interpretiert

Beim Spaziergang durch die Buchbinderei kann man den Reiz des alten Handwerks förmlich spüren. Und auch nach fast 30 Jahren Berufserfahrung funkeln die Augen des Firmeninhabers immer noch, wenn er ganz vorsichtig seine neueste Errungenschaft - wie etwa das Original Wiener Kochbuch aus dem Jahr 1799 - aus dem Regal holt. Ja, Christian Fuchs ist Buchbinder mit Leib und Seele! Weshalb es für ihn auch eine ganz besondere Faszination ist, alte Bücher und Druckwerke originalgetreu zu restaurieren. So erzählt er uns etwa von einem alten handgeschriebenen Lehrbuch eines Zimmerers, an dem er gearbeitet hat: "Hier wurde alles komplett zerlegt, zerrissene Seiten geflickt, Flecken ausgebessert, neu verklebt und eingebunden. Das Buch wurde außerdem eingescannt und als Faksimile reproduziert." Und auch sonst ist für den Buchbindermeister das uralte Handwerk ein - im besten Sinne des Wortes - sinnliches Erlebnis: "Die Haptik des handgeschöpften Papiers gepaart mit dem Geruch von Leder und Leim machen mich jeden Tag aufs Neue glücklich und lassen mich keine Sekunde an meiner Berufswahl zweifeln." Und auch wir fühlen uns jetzt mehr denn je mit diesem faszinierenden Handwerk "verbunden".

 

Die "Druckwerkstatt der grafischen Künste" - altes Handwerk in neuem Glanz

Auch in der neuesten Abteilung des "Fuchsbaus" stehen sinnliches und handwerkliches Begreifen im Mittelpunkt. Nach der Generalsanierung und dem Umbau des Betriebsgebäudes wurde im ersten Obergeschoß die "Druckwerkstatt der grafischen Künste" eingerichtet, ein lebendiges Museum, mit dem sich Christian Fuchs einen lang gehegten Traum erfüllte. In über 15 Jahren Sammelleidenschaft trug er analoge Druckgeräte und Zubehör wie Holz- und Bleilettern, verschiedene Druckformen und Setzerwerkzeug aus allen Ecken Österreichs zusammen, um pünktlich zum 30-jährigen Firmenjubiläum im Frühjahr 2019 die "Druckwerkstatt der grafischen Künste" zu eröffnen. Damit gelingt es ihm, alle analogen grafischen Gewerke unter einem Dach zu vereinen - von der Papierherstellung bis zum fertigen Buch. Außerdem sind alle Interessierten und Kunstbegeisterten eingeladen in die Welt des analogen grafischen Handwerks einzutauchen. In der Erlebniswerkstatt werden ganzjährig Kurse in allen analogen Druckverfahren (Hochdruck, Tiefdruck, Siebdruck, Lithografie), Papierschöpfen, Handschrift, Malen und Zeichnen, analoger Fotografie und Upcycling angeboten. Die Kombination der vielfältigen Verfahren und Materialien aus der Buchbinderei, wie Leder, Leinen, Loden, Holz, Metall, Karton und unterschiedlichsten Papiersorten, bietet einen genialen Nährboden für handwerkliche und künstlerische Ausdrucksformen. Christian Fuchs weiß um den Wert des analogen grafischen Handwerks. Hier soll es erhalten und weitergegeben werden.

 

Unser Tipp:

Im Kursprogramm findet ihr spannende Workshops zu Themen wie Papierschöpfen, Kalligrafie und Upcycling.

Bilder: Buchbinderei Fuchs, Thomas Kirchmaier, Catherine Rocke, Peter Unterweissacher, Wolfgang Tanner