Das Glück mit dem Pech

Wer mit offenen Augen durch den Wald geht, hat das Harz an den Nadelbäumen bestimmt schon einmal gesehen. Wenn ein Baum eine Verletzung hat, produziert er es, um seine Wunde zu heilen. Wir nennen das Harz im Dialekt Pech und machen uns genau diese heilende Wirkung zu Nutzen - wie auch schon unsere Vorfahren im 18. Jahrhundert.

Pech gehabt!

Dieser Ausruf ist bei uns in diesem Zusammenhang auf keinen Fall negativ gemeint. Genauer gesagt, suchen wir sogar gezielt danach. Gemeinsam mit Anita Widauer, TEH-Praktikerin aus Leogang, habe ich mich in den Wald aufgemacht, um das wertvolle Fichtenpech zu sammeln. Daraus werden wir heute eine Pechsalbe herstellen, die für ihre wundheilende Wirkung in aller Munde ist.

Aber was bitte ist eine TEH-Praktikerin?

TEH steht für Traditionelle Europäische Heilkunde. Es handelt sich dabei um altes, regionales Heilwissen, das sogar zum immateriellen UNESCO Kulturerbe zählt. Um dieses Wissen weiterzugeben und damit es nicht in Vergessenheit gerät, wird die Ausbildung zum diplomierten TEH-Praktiker angeboten. Die Leogangerin Anita Widauer hat diese Ausbildlung gemacht und zeigt uns heute, wie man eine Pechsalbe herstellt.

Das Rezept

Für die Pechsalbe brauchen wir vier Zutaten: Pech von der Fichte, Pech von der Lärche, natives Bio-Olivenöl und Bienenwachs. Das Olivenöl holen wir uns im Fachhandel, das Bienenwachs beim lokalen Imker und die zwei Pechsorten sammeln wir im Wald. Wobei man nur sehr schwer an das Pech der Lärche kommt. Dieses bekommt man nur, wenn gerade eine Lärche gefällt wurde. "Ich bekomme mein Lärchenpech meistens von meinem Mann, der es aus dem Sägewerk für mich mitnimmt", erzählt Anita lachend. Für die Salbe selbst kann man aber auch nur Fichtenpech verwenden, wie man es eben gerade zur Verfügung hat.

Auf in den Wald

Uns fehlt also noch das Fichtenpech und um dieses zu sammeln geht es für uns in den Wetzsteinwald in Leogang. Dieser entpuppt sich als wahres Winterwunderland. Mit offenen Augen spazieren wir durch den Wald und suchen nach verletzten Bäumen. Denn wenn ein Baum verletzt wird, produziert er das Pech um seine Wunden zu heilen. Genau solche Stellen suchen wir. Dort können wir überschüssiges Pech mit einem kleinen Messer abkratzen und für unsere Salbe verwenden. Es dauert nicht lange und wir finden schon den ersten Baum. "Wir nehmen nur so viel, wie uns der Baum geben kann und auf gar keinen Fall verletzten wir den Baum um mehr Pech zu bekommen", erklärt Anita während sie das bernsteinfarbene Pech abschürft.

Willkommen in der Kräuterküche

Mit unseren gesammelten Schätzen machen wir uns auf in Anitas Kräuterküche. Hier hat sie schon die notwendigen Utensilien vorbereitet: ein Baumwollsäckchen, einen Glasbehälter und ein Wasserbad. Zuerst muss das Pech im Olivenöl ausgelassen werden. Dazu geben wir das gesammelte Pech (ca. 60 g) in das Baumwollsäckchen, das im Glasbehälter hängt. Dann geben wir 200 ml Olivenöl dazu und stellen den Glasbehälter ins Wasserbad. Auf niedriger bis mittlerer Hitze wird das Öl im Wasserbad für mindestens 30 Minuten erhitzt. Am besten ist es den Warmauszug über Nacht stehen zu lassen und am nächsten Tag nochmals zu erwärmen. Das geht sich heute bei uns nicht aus, deshalb rühren wir immer wieder mit einem Glas- oder Holzstäbchen um und drücken das Pech etwas aus um die Wirkstoffe gut zu lösen. Anschließend füllen wir das Öl nochmal durch einen Filter um, damit keine Rückstände bleiben. So wird die Salbe lang haltbar. Anschließend geben wir das Öl im Glasbehälter wieder zurück ins Wasserbad und geben das Bienenwachs dazu (10% von der Gesamtmenge). Sobald das Bienenwachs geschmolzen ist, können wir die Salbe auch schon in Gläschen abfüllen. Die Salbe muss nun gut abkühlen, bevor wir die Gläschen verschließen und beschriften.

Und wofür verwenden wir jetzt die Pechsalbe?

Die Pechsalbe ist so besonders, da sie eine hohe Konzentration an Wirkstoffen hat, die man in Medikamenten oft gar nicht hinbekommt. Sie hilft bei der Wundheilung von offenen Wunden und Schürfwunden. Sie kann auch als Zugsalbe verwendet werden. Sie wirkt desinfizierend gegen Bakterien, Viren und Pilze. Außerdem hilft sie bei kalten Füßen, da sie die Durchblutung anregt. Auch als Brustcreme kann sie bei Husten verwendet werden. Man kann die Wirkung der Salbe durch die Zugabe von Kräutern verstärken, zum Beispiel mit Ringelblumenblüten für die Wundheilung oder mit Thymian gegen Husten.

Na, auf den Geschmack gekommen?

Für alle, die jetzt auch eine selbstgemachte Pechsalbe ihr Eigen nennen wollen, können wir einen Kräuterworkshop bei Anita nur empfehlen. Erkundet die geheimen Kräfte unserer Natur und lernt wie ihr sie am Besten nützt. So habt ihr auch schon das perfekte Mitbringsel für Zuhause!