Wimpernschlag-Finale beim Weltcup der Downhiller: Leogang-König entthront

Sonntag, 10.06.2018

Wimpernschlag-Finale beim Weltcup der Downhiller: Leogang-König entthront

Was für ein Showdown beim Downhill-Weltcup in Saalfelden Leogang.

In einem dramatischen Finale entthronte der Franzose Amaury Pierron heute den körperlich angeschlagenen Triple-Sieger Aaron Gwin. Bei den Damen feierte Rachel Atherton einen umjubelten Comebacksieg und Lokalamatadorin Vali Höll katapultierte sich trotz Sturzes zum Hattrick-Sieg im Weltcup.

Mit einem atemberaubenden Finalrun, der einer Achterbahnfahrt gleichkam, beendete der 22-jährigen Franzose Amaury Pierron heute die Siegesserie des US-Amerikaners Aaron Gwin in Leogang: „Ich bin super happy, dass mein Sieg in Fort William keine Eintagsfliege war. Ich bin langsam ins Rennen gestartet und wollte es locker angehen. Dann habe ich einen Fehler gemacht, habe zwischenzeitlich jede Menge Zeit verloren und viel investieren müssen, um wieder an das Tempo anzuschließen. Das war körperlich enorm anstrengend. Im Wald wusste ich, dass ich dort meine Stärken ausspielen muss und habe wirklich alles aus mir rausgeholt.“
Lange sah es jedoch so aus, als könnte es bei Aaron Gwin trotz verletzten Daumens tatsächlich mit dem vierten Leogang-Sieg klappen. Mit ungewöhnlich früher Startnummer gelang dem US-Amerikaner ein Traumlauf im oberen Teil der Strecke. Der 30-Jährige konnte lange am obersten Platz des Hot Seats auf den neuen Weltrekord im Downhill-Zirkus hoffen, seine Zeit hielt auch noch gegen Spitzenfahrten, wie jene von Troy Brosnan oder Laurie Greenland. Erst die Fahrt des jungen Franzosen zerstörte den Traum vom ersten Vierfach-Erfolg eines Athleten in einem Weltcuport: „Rang zwei strahlt für mich heute trotzdem wie ein Sieg. Noch gestern hätte ich nicht gedacht, dass ich überhaupt aufs Podium fahren könnte. Ich habe starke Schmerzen und konnte viele Lines gar nicht im Renntempo trainieren“, so Gwin. Mit dem für das österreichische MS Mondrakerteam startenden Laurie Greenland, der seinen ersten Weltcuppodestplatz feierte, gab es auch einen kleinen österreichischen Erfolg. David Trummer, der sich als einziger rot-weiß-roter Starter für das Finale qualifizierte, landete auf Rang 46: „Es geht in die richtige Richtung. Ich war heute wieder ein paar Sekunden schneller, darauf versuche ich jetzt aufzubauen.“  
 
Atherton feiert Comebacksieg
Nach einem Jahr verletzungsbedingter Abstinenz feiert Rachel Atherton ihren Comebacksieg in Leogang. Es ist der dritte Erfolg im Pinzgauer Bikemekka und für die Britin der erste Weltcupsieg seit über einem Jahr: „Ich dachte schon, ich hätte das Siegen verlernt. Die vergangenen Wochen waren unheimlich hart – da war der Sturz in Fort William, gestern der Sturz in der Qualifikation. Das alles ist mir ziemlich nahegegangen, du bekommst Angst und verlierst das Selbstvertrauen.“
Riesen Pech hatte Vorjahressiegerin Tahnee Seagrave, die außerhalb der Streckenbegrenzung landete und disqualifiziert wurde. Auf Rang zwei landete Weltcupleaderin Myriam Nicole (FRA), Rang drei ging an Tracey Hannah (AUS).
 
Vali Höll trotz Sturz zum Weltcup-Hattrick
Heimrennen sind anders – und Heimweltcup-Premieren sowieso. Beinahe wäre der Traum vom Heimweltcupsieg der bisher so dominanten Lokalmatatorin Vali Höll im staubigen Sand der Leoganger Speedster heute geplatzt. Die den Weltcup beherrschende Juniorin kommt nach der Zwischenzeit zu Sturz. Das vor den Augen von Mama Sabine, Papa Walter und Bruder Joni und der gesamten mitgereisten Fangemeinde: „Es hat mich voll eingebaut. Ich bin einfach weggerutscht, ein kleiner Aufmerksamkeitsfehler. Am Rande der Strecke haben alle geschrien, ich habe nur, `Vali lass die Bremsen aus` gehört, und das habe ich dann blöderweise auch gemacht. Als ich gestürzt bin, habe ich mir nur noch gedacht, shit, bitte nicht ausgerechnet in Leogang“. Mit der Wut im Bauch startete die 16-Jährige Saalbacherin eine fantastische Aufholjagd und wies die Konkurrenz mit einem neuerlichen Fabelvorsprung von 15 Sekunden in die Schranken: „Ich kann mich an den Rest des Rennens gar nicht mehr erinnern, ich war wie in Trance.“
Und noch eine weitere junge Dame aus dem Glemmtal landete bei den Juniorinnen auf dem Podest: Rang drei ging an Ottilia Jones Johansson, eine Wahl-Saalbacherin. Die Schwedin, die mit ihrer Familie seit über 10 Jahren in Saalbach lebt, beendete ihr erstes Weltcuprennen mit dem ersten Podium und wandelt somit auf den Spuren ihrer besten Freundin Vali Höll.
 
Für Höll geht es jetzt zurück auf die Schulbank, beim nächsten Weltcup in Val di Sole hat die 16-jährige die Chance, sich bereits frühzeitig den Gesamtweltcup zu sichern: „Die nächsten Wochen gehören der Schule, ich habe noch ein paar Schularbeiten zu erledigen, dann sind  Ferien und ich kann mich aufs Radfahren konzentrieren.“ Bei den männlichen Junioren feierte der Australier Kye A`Hern einen denkbar knappen Sieg. Fünf Hundertstel trennten ihn vom Zweitplatzierten Thibaut Daprela. Auf Rang drei landete der Brite Henry Kerr.
 
Out of Bounds Festival -  vier Eventtage - 23.000 Zuschauer – Rekordkulisse
Auch die Veranstalter der Bikeregion Saalfelden Leogang jubeln über das erfolgreiche Wochenende und über eine Rekordkulisse von 23.000 Zuschauern, die das Out of Bounds Festival an den vier Veranstaltungstagen besuchten. „Es war wieder eine tolle Veranstaltung. Wir sind zufrieden über das positive Feedback, das wir von Ridern, Zuschauern und Medien bekommen haben. Auch die Streckenadaptionen haben Früchte getragen“, erklärt Saalfelden Leogang Touristik Geschäftsführer Marco Pointner. Zum achten Mal fand der Downhill Weltcup bereits in Saalfelden Leogang statt. 150 akkreditierte Journalisten aus 20 Nationen berichteten vor Ort. Und schon jetzt laufen die Vorbereitungen für das nächste Großereignis in Leogang, den Downhill-Weltmeisterschaften 2020, auf Hochtouren: „Wir haben auch heuer wieder eine perfekte Generalprobe abgeben können, ein großes Dankeschön gilt dem gesamten Team“, so der Geschäftsführer der Bergbahnen Leogang, Kornel Grundner.