Doppelt oder nichts

Sonntag, 12.06.2016

Doppelt oder nichts

Rachel Atherton und Aaron Gwin schreiben erneut in Leogang Geschichte.

Oops, they did it again! Wie schon im Vorjahr kämpften die beiden Rekordjäger Rachel Atherton und Aaron Gwin beim UCI Mountain Bike Downhill Weltcup in Leogang um jede Hundertstelsekunde und bescheren dem österreichischen Örtchen einen weiteren Eintrag in die Geschichtsbücher. Trotz eines nicht ganz so perfekten Laufs setzte Rachel Atherton ihre Siegesreihe fort und holte sich ihren 10. Weltcup-Sieg in Folge. Damit zieht sie an der Französin Anne-Caroline Chausson, mit der sie seit ihrem Sieg in Fort William gleich stand, vorbei und stellt einen neuen Rekord bei den Frauen auf. Aaron Gwin fuhr sich in seinem nervenaufreibenden Run an die Spitze und machte einmal mehr deutlich, wer der wahre „Gwinner“ ist. Mit diesem Krimi schließt das Out of Bounds Festival bei strahlendem Sonnenschein seine Tore. Was bleibt sind staunende Fans.


Egal, ob rutschige Bedingungen, Druck oder Nervosität – Rachel Atherton lässt sich von nichts und niemanden aufhalten. Trotz eines kleinen Patzers machte die Britin mit 5,370 Sekunden Vorsprung ihren Sieg fix. Damit steht sie zum zehnten Mal in Folge ganz oben auf dem Treppchen – ein neuer Weltrekord! Rachel selbst kann es kaum glauben: „Es fühlt sich verrückt an. Mein Run war ziemlich chaotisch. Ich war ganz schön nervös. Ich wollte nicht stürzen und ich konnte keine Fehler machen, aber dann bin ich etwas weggerutscht. Ich denke, man muss wirklich an seine Grenzen gehen, um mit den anderen Mädels mithalten zu können. Jetzt bin ich einfach nur glücklich.“ Auf Platz zwei folgte ihre Landsfrau Tahnee Seagrave, die die Woche zuvor in Fort William aufgrund einer Verletzung aussetzen musste und eigentlich noch nicht wieder zu hundert Prozent fit ist. Umso mehr eine starke Leistung! Miranda Miller aus Kanada rundet das Podiumstrio ab.


Die 84 Starter der Men Elite konnten bei perfekten Bedingungen loslegen. Das Matschfeld war fast verschwunden, die Strecke gesäumt von Fans, die Stimmung am Kochen. Die britische Großmacht rollte an und nahm selbstbewusst nahezu alle Topplätze ein. Bis Troy Brosnan an der Reihe war und den Briten die Leviten las. Greg Williamson (GBR) musste seine komfortable Hot-Seat-Position aufgeben und der Australier machte es sich einige Runs darauf bequem. Daran konnten auch Greg Minnaar (SZA) und Danny Hart (GBR) nichts ändern, die dennoch beide podiumsverdächtige Runs ablieferten. Der Sieg war für Troy Brosnan zum Greifen nah, die Spannung zum Zerreißen. Natürlich hatten alle Aaron Gwin im Hinterkopf, aber niemand rechnete damit, dass ausgerechnet ein 20-jähriger Newcomer ihn vom Thron stoßen würde. Der Junior World Champion 2014, Loris Vergier (FRA), sagte den Gladiatoren den Kampf an. Konzentriert und voller Ehrgeiz jagte er den Speedster runter und schaffte es, den sprichwörtlich erfahrenen Troy zu überholen. „Ich bin so stolz drauf. Die Strecke war perfekt und die Bedingungen super. Ich habe es richtig genossen, hier zu fahren."


Nun konnte ihm nur noch einer gefährlich werden: Aaron Gwin. Ohne Reifen, ohne Kette – was sollte dieses Jahr kommen? Dass es der US-Amerikaner tatsächlich wieder dramatisch spannend machen würde, hatte niemand erwartet. Auch sein Run sprach nicht gerade Bände dafür. Bereits im ersten Split lag er im Rückstand, die Zuschauermenge feierte bereits in Gedanken den ersten Men Elite Weltcup-Sieg des jungen Franzosen. Doch der „Gwinner“ konnte das Ruder auf dem Weg zum „Roots of Asitz“ noch rumreisen. Die Zuschauer flippten aus, der Lärmpegel stieg ins Unermessliche, die Spannung in der Luft war zum Zerreißen. Leogang hielt den Atem an. Gwin siegte. „Ich wusste, dass ich oben Zeit verloren habe, weil ich ein paar Stellen komisch erwischt habe“, so der neue alte Sieger. „Ich war nicht so richtig im Rennen drin und als ich die Wurzel-Sektion hinter mir hatte, war mir klar, dass die technischen Passagen rum waren. Das hat mich frustriert, also sagte ich zu mir ‚Alter, jetzt musst du aber mal Gas geben‘.“


Auf deutscher Seite gab es leider weniger Grund zum Jubeln. Obwohl er einen starken Start hinlegte, konnte Johannes Fischbach, der im Qualifying einen sensationellen achten Platz belegte, seinen Lauf nicht wie geplant beenden. Mit einem platten Reifen jonglierte er sich auf seiner Felge den Track runter und landete nur auf Platz 76.


Mit den UCI Rennen ging das diesjährige Out of Bounds Festival zu Ende, das rund 16.000 Zuschauer mit seinem abwechslungsreichen Programm anlockte. Nicht nur das Wetter machte das Out of Bounds Festival spannend, sondern vor allem auch die Contests und Side Events. Zwar musste der 26TRIX aufgrund von Regen auf ein Finale verzichten – der guten Stimmung konnte das aber nichts anhaben. Auch das „Bespaßungsprogramm“ lockte die Zuschauer in Scharen an – egal ob Pumptrack und Bunny Hop Contest, die Trial Show mit Tom Öhler oder die Red Bull Skydive Team Show. Das Datum für das nächste Out of Bounds Festival steht schon fest: der 8. bis 11. Juni 2017 kann schon mal im Kalender eingetragen werden.